Das Bundesverfassungsgericht hob mit Beschluss vom 03.02.2017 (1 BvR 2569/16) auf Antrag der Verfahrenspflegerin eines Pflegekindes einen Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 13.10.2016 (21 UF 56/16) auf, wonach ein Pflegekind innerhalb von sechs Wochen zu seinen Eltern zurückzuführen sei.
Begründung sei eine Verletzung der Grundrechte des Kindes aus Artikel
2 Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 2 Satz 2
des Grundgesetzes. Die Sache wurde an das Oberlandesgericht Köln zurückverwiesen.
In einem Urteil vom 30.01.2007 (Aktenzeichen: 11 K 2207/06) hat das
Verwaltungsgericht Arnsberg festgestellt, dass die pauschale Kürzung
des Pflegegeldes um 20 % bei mit dem Pflegekind verwandten Personen – in
diesem Fall Großeltern –rechtswidrig ist. Das Verwaltungsgericht führt
in den Entscheidungsgründen aus:
(…) Der Beklagte (ist) bei der mit dem angefochtenen Bescheid vom
23.02.2006 vorgenommenen Ausübung des Widerrufs zu Unrecht davon
ausgegangen, dass er die damit der Sache nach verfügte Pflegegeldkürzung
auf der Grundlage einer pauschalen Regelung vornehmen durfte. Dies ist
indessen nicht der Fall. Nach dem Sinn und Zweck der in § 39 Abs. 4 Satz
4 SGB VIII getroffenen Kürzungsregelung hätte in die vom Beklagten
insoweit getroffene Ermessensentscheidung das Ergebnis einer – auch – an
der finanziellen Situation der Pflegeeltern orientierten
Einzelfallprüfung einfließen müssen.
Der zitierten Norm zufolge kann das Jugendamt das Pflegegeld, das
gem. § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII als monatlicher Pauschalbetrag gewährt
wird und sich aus dem notwendigen Unterhalt des Kindes in der
Pflegefamilie („materielle Aufwendung“) einerseits und den Kosten der
Erziehung andererseits zusammensetzt, angemessen kürzen, wenn die
Pflegeperson gegenüber dem Pflegekind unterhaltsverpflichtet ist. (…)
Dementsprechend ist eine Pflegegeldkürzung grundsätzlich bereits dann
möglich, wenn – wie im vorliegenden Fall – eine abstrakte
Unterhaltsverpflichtung der Pflegeperson gegenüber dem Pflegekind
besteht.
Indessen hat das Jugendamt die Einkommens- und Vermögensverhältnisse
der Pflegeperson im Rahmen des dann eröffneten Ermessens zu
berücksichtigen. (…) Eine einzelfallbezogene Klärung der
Leistungsfähigkeit der Großeltern wäre aber auch dann zwingend
notwendig, wenn man – mit dem Beklagten – ausschließlich auf eine
Kürzung des in dem Pflegegeld enthaltenen Erziehungskostenanteil
abzielte. Die mit der Regelung in § 39 Abs. 4 Satz 4 SGB VIII eröffnete
Kürzungsmöglichkeit erfährt nämlich ihre innere Rechtfertigung daraus,
dass – wie es in der Gesetzesbegründung hierzu wörtlich heißt –
„Großeltern aufgrund ihrer engen verwandtschaftlichen Beziehung zu dem
Kind oder Jugendlichen und der daraus resultierenden Unterhaltspflicht
auch eine von der Rechtsordnung anerkannte Pflichtenposition haben und
deshalb von der staatlichen Gemeinschaft nicht ohne weiteres dieselbe
finanzielle Honorierung für ihre Betreungs- und Erziehungsleistung
innerhalb der Verwandtschaft erwarten dürfen wie Pflegepersonen, die dem
Kind oder Jugendlichen nicht so eng verbunden sind“ (…). Die insoweit
allein verbleibende Barunterhaltspflicht besteht angesichts der Regelung
in § 1603 Abs. 1 BGB jedoch von vornherein unter dem Vorbehalt einer –
von den jeweils konkreten Umständen abhängigen – wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit der Großeltern. Hieraus ergibt sich, dass sich
Pflegegeldkürzungen auf der Grundlage von § 39 Abs. 4 Satz 4 SGB VIII
einer pauschalierenden Betrachtung – wie sie der Beklagte im
vorliegenden Fall vorgenommen hat – entziehen. Vielmehr kann über die
Frage, ob eine Pflegegeldkürzung angemessen im Sinne der genannten Norm
ist, nur unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls
entschieden werden (so ausdrücklich auch die Gesetzesbegründung in BTD
rs. 15/3676 vom 06.09.2004 aaO). Bei dieser Einzelfallentscheidung ist
die – aktuelle – Leistungsfähigkeit der Großeltern ebenso von Bedeutung
wie die Frage, ob das Pflegekind aufgrund bestimmter Umstände einen
erhöhten Erziehungs- und Betreuungsaufwand verursacht“.
Mit Beschluss vom 04.09.2006 (FamRZ 2007, 658 ff.) hat das OLG Köln
die Voraussetzungen einer Verbleibensanordnung für einen Säugling
bereits nach 3 Monaten Pflegedauer angenommen. Die meisten Gerichte
setzten bislang mindestens eine halbjährige Pflegedauer voraus. Das OLG
hat jedoch festgestellt, dass es keine unterste Altersgrenze gebe, vor
der ein Trennungstrauma für ein Kind bedeutungslos sei. Ausdrücklich
schreibt das OLG in den Gründen:
„Die strengen Anforderungen des § 1632 IV BGB, dass ein Verbleiben
des Kindes in der Pflegefamilie nur dann anzuordnen ist, wenn durch die
Wegnahme das Kindeswohl gefährdet würde trifft den Fall, dass das Kind
in die eigene Herkunftsfamilie zurückgeführt werden soll. Darum geht es
aber vorliegend nicht. Die Vormünderin hat A. nur aus der bisherigen
Pflegestelle herausgenommen, um sie anschließend in einer anderen
Pflegestelle, einer Adoptionspflegestelle nach § 1744 BGB,
unterzubringen. In einem solchen Fall darf die Trennung des Kindes von
seinen bisherigen Pflegeeltern nur dann erfolgen, wenn eine Ge¬fährdung
des Kindeswohls nicht zu befürchten ist (Ständige Rechtsprechung des
BVerfG, vgl. BVerfG, FamRZ 1987, 786 mwN).
Eine Gefährdung des psychischen Wohls von A. durch die Herausnahme
aus der bisherigen Pflegefamilie kann unter den gegebenen Umständen aber
nicht ausgeschlossen werden. In dem der Entscheidung BVerfG, FamRZ
1987, 786 zugrunde liegenden Verfahren sind vom BVerfG Gutachter zu der
Frage eingeholt worden, welche psychischen Beeinträchtigungen bei einem
Wechsel der Bezugspersonen zu befürchten seien. Der Gutachter hat dazu
ausgeführt, die Trennung von der Bezugsperson führe zu einem Angst- und
Bedrohungsgefühl, dass schädlich Dauerfolgen verursachen könne. Dabei
könne keine unterste Altersgrenze festgestellt werden, vor der ein
Trennungstrauma des Kindes ohne Bedeutung sei. Ein Säugling sei schon
wenige Tage nach der Geburt in der Lage, selbst früheste Erfahrungen zu
speichern. Das BVerfG zieht daraus die allgemeine Folgerung, dass für
ein Kind mit seiner Herausnahme aus der gewohnten Umgebung ein schwer
bestimmbares Zukunftsrisiko verbunden sei. Dem schließt sich der Senat
an. Eine Gefährdung des Kindeswohls lässt sicher daher vorliegend nicht
ausschließen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es besonders
wichtig ist in A. ein starkes Urvertrauen aufzubauen, da sich nicht
ausschließen lässt, dass hier durch massiven Alkohol- und
Medikamentenmissbrauch ihrer leiblichen Mutter in der Zeit der
Schwangerschaft embryonale Schädigung erlitten hat, diese möglicherweise
auf Dauer behindern werden. (…) Hinzu kommt, dass die Pflegeeltern nach
12 Wochen, in denen sie A. als das Kind, das sie auf Dauer bei sich
behalten und adoptieren wollen, Bindungen aufgebaut haben. Ob diese
Zeitdauer bereits ausreicht, um ein Schutz nach Art. 6 I GG zu begründen
(vgl. dazu grundsätzlich BVerfG FamRZ 1985, 39 = NJW 1985, 423; FamRZ
1989, 31 = NJW 1989, 519) kann dahinstehen. Jedenfalls ist es nicht
hinnehmbar, dass ihnen nach fast 3 Monaten das Kind weggenommen wird,
ohne dass sie sich vorher überhaupt dazu äußern konnten.“
Letztlich wurde das Kind in diesem Fall wieder zu seinen Pflegeeltern zurückgeführt.
Das OLG Frankfurt a.M. hat mit Beschluss vom 28.02.2002 (FamRZ 2002,
1277 ff.) hervorgehoben, dass eine Verbleibensanordnung zugunsten eines
Pflegekindes auch dann ergehen muss, wenn die leibliche Mutter
inzwischen (wieder) erziehungsfähig ist, sich das Pflegekind inzwischen
jedoch zu eng in der Pflegefamilie gebunden hat. Ausdrücklich hat das
OLG in seiner Entscheidung ausgeführt:
„Es muss bei dem Sorgerechtsentzug auch bei wiedergewonnener
Erzie-hungsfähigkeit der Mutter bleiben, wenn die Aufhebung des
Sorgerechtsentzuges die derzeit stabile Entwicklung des Kindes gefährden
würde, weil sie mit der Unterbrechung der Bindungen zu den
Pflegeeltern, bei denen das 8jährige Kind seit 3 ½ Jahren lebt,
einhergehen müsste. (…) Nachdem das Kind in früher Kindheit unter
schwierigen Verhältnissen zunächst mit von der Großmutter und nach deren
Erkrankung von den Pflegeeltern be-treut werden musste, würde die
gerade gewonnene Sicherheit erneut gefährdet. (…) (Zwar hat sich) die
Mutter emotional und in der Lebensbewältigung gefestigt und hat ein
gutes, ausbaufähiges Verhältnis zu dem Kind wiederherstellen können. (…)
Allerdings kann nicht übersehen werden, dass das Kind seit 1998 bei
einer Pflegefamilie untergebracht ist und zu seinen Pflegeeltern eine
herzliche Beziehung aufgebaut hat. Damit hat das Kind den größten Teil
seines bewussten Lebens im Haushalt der Pflegeel-tern verbracht. Es hat –
auch wenn es zu seiner Mutter ebenfalls eine herzliche Beziehung
unterhält – den nachvollziehbaren Wunsch, weiterhin bei seinen
Pflegeeltern wohnen bleiben zu dürfen, wo es sehr gut gefördert und in
seiner Beziehung zur leiblichen Mutter gut unterstützt wird. Die
Sachverständige hat den Wunsch des Kindes als mit den gewonnenen
Befunden stimmig bezeichnet und sich zur Absicherung der Stabilität
seiner Entwicklung für ein Verbleiben des Kindes bei seinen Pflegeeltern
ausgesprochen.“
Mit Urteil vom 29.08.2006 (Aktenzeichen: 6 K 1114/06) hat das
Verwaltungsgericht Aachen hervorgehoben, dass die Schwelle zur
Namensänderung bei Pflegekindern niedriger anzusetzen ist, eine
Namensänderung also erleichtert möglich sein soll. Das Gericht führt in
dem Urteil aus:
„Gem. dem danach Anwendung findenden § 3 I NÄG darf der Familienname
nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt.
Ein wichtiger Grund rechtfertigt die Änderung des Familiennamens, wenn
die Abwägung aller für und gegen die Namensänderung streitenden Umstände
ein Übergewicht der für die Änderung sprechenden Interessen ergibt.
Danach ist ein wichtiger Grund für eine Änderung des Familiennamens
gegeben, wenn das schutzwürdige Interesse des Namensträgers an der
Ablegung seines bisherigen Namens unter Führung des neuen Namens Vorrang
hat vor dem schutzwürdigen Interesse der durch eine Namensänderung
betroffenen Träger des bisherigen und des neuen Namens und vor den in
den gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck gekommenen Grundsätzen der
Namensführung, zu denen auch die Ordnungsfunktion des Namens sowie
sicherheitspolizeiliche Interessen an der Beibehaltung des bisherigen
Namens gehören“. (..)
„Die Schwelle zur Namensänderung ist somit in Ermangelung
durchschla-gender schutzwürdiger mütterlicher Belange bei Pflegekindern,
die in ei-nem auf Dauer angelegten Pflegeverhältnis leben, niedriger
anzusetzen als in den Stiefkinder- oder Scheidungshalbwaisenfällen. Der
Widerspruch der Mutter gegen die beabsichtigte „Einbenennung“ in die
Pflegefamilie ist hier in der Regel unerheblich. Es kommt auch nicht
darauf an, dass das Kindeswohl die Namensänderung erforderlich macht.
Der Familienname des Pflegekindes ist dem der Pflegeeltern vielmehr nach
§ 3 I NÄG bereits dann anzugleichen, wenn dies das Wohl des Kindes
fördert und überwiegende Interessen an der Beibehaltung des Namens nicht
entgegenstehen. (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.04.1987 – 7 C 120.86, juris
und NJW 1988, 85). Dem entspricht Nr. 42 der allgemeinen
Verwaltungsvorschrift zum Gesetz über die Änderung von Familiennamen und
Vornamen (NamÄndVwV) vom 11.08.1980), (…) wonach dem Antrag eines
Pflegekindes auf Änderung seines Familiennamens in den Familiennamen der
Pflegeel-tern entsprochen werden kann, wenn die Namensänderung dem
Wohle des Kindes förderlich ist, das Pflegeverhältnis auf Dauer besteht
und eine Annahme als Kind nicht oder noch nicht in Frage kommt.“
Mit Beschluss vom 27.12.2006 (Aktenzeichen 60 XVI 118/06) hat das
Amtsgericht Köln die Einwilligung von leiblichen Eltern in die Adoption
eines Pflegekindes wegen gröblicher Pflichtverletzung und
Gleichgültigkeit der leiblichen Eltern ersetzt. Das Amtsgericht hat
damit die (inzwischen vollzogene) Adoption des Kindes durch die
Pflegeeltern auch gegen den Willen der leiblichen Eltern möglich
gemacht. In seinem Beschluss führt das Gericht aus:
„Der Ersetzungsantrag ist begründet. Die nach §§ 1747 Abs. 1 Satz1,
1750 BGB zur Kindesannahme erforderliche Einwilligung der leiblichen
Eltern muss durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden, weil beide
Eltern nach ihrer Erklärung im Anhörungstermin nicht bereit sind, eine
solche Erklärung abzugeben. Mit einer Änderung ihres Standpunktes, den
sie beharrlich beibehalten haben, ist im Hinblick auf die Vorschichte
nicht mehr zu rechnen.
Auf Antrag des betroffenen Kindes, das dabei von dem Jugendamt (…)
gesetzlich vertreten wird, hat das Vormundschaftsgericht gemäß § 1748 I
und II BGB die Einwilligung der leiblichen Eltern in die Adoption zu
ersetzen. Beiden Eltern ist in ihrem Verhalten gegenüber dem Kind sowohl
eine anhaltend gröbliche Pflichtverletzung als auch eine
Gleichgültigkeit vorzuwerfen. Die Schwere und anhaltende
Pflichtverletzung ergibt sich aus den Gründen, die zum dauerhaften
Entzug des Sorgerechtes für (das Kind) im Beschluss des
Familiengerichtes (…) geführt haben. Hierzu hat das Familiengericht zur
vollen Überzeugung des jetzt erkennenden Gerichtes, gestützt auf die
vorangegangenen Erkenntnisse, ausgeführt:
„Die Kindesmutter ist nicht erziehungsfähig. Die geschilderten Vorfälle
(…) haben deutlich gemacht, dass die Kinder im Haushalt der Kindesmutter
gefährdet sind. Den Kindern fehlt es an ausreichender Betreuung und
Versorgung. Sie werden stattdessen geschlagen, nicht ausreichend ernährt
und zeitweise eingesperrt. Unerheblich ist, wer die Kinder schlug;
sollte Herr X. sie geschlagen haben, so hätte die Kindesmutter
jedenfalls gezeigt, dass sie nicht in der Lage ist, ihre Kinder zu
schützen“.
Weiter heißt es auf Seite 6 des Beschlusses:
„(Die Kindesmutter) ist nicht in der Lage, die Kinder angemessen zu
versorgen. Beide Kinder haben Defizite in der Ernährung und sind
verhaltensauffällig. Das Kindeswohl ist im Hauthalt (der Kindesmutter)
gefährdet. Bereits in der Vergangenheit war die Herausnahme der 3
weiteren, älteren Kindern (der Kindesmutter) notwendig, weil sie nicht
in der Lage war, jene angemessen zu versorgen und zu betreuen. Der
Bericht der Polizei (…) zeigt, dass der Zustand in der Wohnung für die
Kinder nicht zumutbar ist. Neben hygienischen Mängeln in der Wohnung
wurde die Vernachlässigung der Kinder deutlich (…). Dies alles belegt
zur vollen Überzeugung des Gerichtes, dass beide Elternteile massiv und
anhaltend ihre Pflichten gegenüber dem Kind verletzt haben. Einer
weiteren Gefährdung des Kindeswohles konnte nur durch die Inobhutnahme
des Kindes begegnet werden, um noch schwerere und bleibende Schäden zu
vermeiden. Sowohl die Vorgeschichte als auch das spätere Verhalten der
Kindeseltern zeigen, dass es sich nicht etwa nur um ein vorübergehendes
Versagen in einer einmaligen Krisensituation handelte. Der Kindesmutter
musste das elterlichte Sorgerecht schon für ihre 3 älteren Kinder, die
inzwischen zu Adoptionseltern kamen, entzogen werden (…).
Angesichts der massiven Pflichtverletzungen beider Eltern ist ihre
inzwischen hinzugetretene Gleichgültigkeit gegenüber (dem Kind) nur ein
weiterer Grund für den Entzug des Elternrechts. Dabei kommt es nicht
darauf an, ob die leiblichen Eltern den für September 2005 vereinbarten
Umgangstermin wegen einer plötzlichen Erkrankung nicht wahrnehmen
konnten und dies dem Jugendamt auch mitgeteilt haben. Selbst wenn eine
solche Rückmeldung bei dem Jugendamt unterstellt wird, müssen sich die
Eltern jedenfalls vorhalten lassen, dass sie in dem folgenden Zeitraum
von inzwischen 15 Monaten keine ernsthaften Anstrengungen unternommen
haben, um wieder einen Kontakt mit ihrem Kind herzustellen. Die Eltern
widersprechen außerdem nicht der Darstellung des Jugendsamtes, dass sie
auch sonst in diesem langen Zeitraum nichts für ihr Kind getan haben.
Insbesondere haben sie trotz mehrfacher Anfrage und Erinnerung nie Fotos
für das Kind beigebracht und sich nicht einmal telefonische nach der
Entwicklung des Kindes erkundigt. Dies zeigt ein völlig fehlendes
Interesse an dem Kind und seinem Wohlergehen.
Da die Gleichgültigkeit der Eltern zugleich eine anhaltende gröbliche
Pflichtverletzung ist, kommt es auf die weiteren formalen
Voraussetzungen für eine Ersetzung ihrer Einwilligung nach § 1748 II BGB
nicht an. Diese sind im übrigen aber auch durch die mündliche Belehrung
des Jugendamtes vom 07.06.04 und zusätzlichem Schreiben vom 08.10.04
erfüllt.
Unter diesen Umständen ist die Einwilligung der Kindeseltern zu
ersetzen, weil ein Unterbleiben der Annahme dem betroffenen Kind zu
einem unverhältnismäßigen Nachteil gereichen würde (§ 1748 Abs.1.
letzter Halbsatz BGB). Nach dem anschaulichen Bericht des Jugendamtes
leidet (das Kind) infolge der frühkindlichen Vernachlässigung im
elterlichen Haushalt noch heute trotz großer Entwicklungsfortschritte an
phasenweise auftretenden Verhaltensstörungen. Sie fühlt sich jedoch in
ihrer Pflegefamilie sicher und geborgen und kann dort ihre notwendigen
Bedürfnisse ausleben.
Dieser Zustand ist aber noch nicht hinreichend abgesichert. Erst
durch die beantragte Adoption wird eine vollständige, auch rechtlich
sichere Integrierung des Kindes in den Familienverband gewährleistet.
Ohne diesen rechtlichen Schritt könnten die leiblichen Eltern den von
ihnen wiederholt bei richterlichen Anhörungen geäußerten Wunsch, das
Kind wieder in ihren Haushalt zurückzunehmen, umzusetzen versuchen. Auch
könnten die Pflegeeltern ihrerseits von sich aus das Pflegeverhältnis
abbrechen. Eine dauerhafte Lebensperspektive für (das Kind), die noch
heute an den Folgen der Vernachlässigung in ihrer ersten Lebensphase
leidet, kann erst durch die beantragte Adoption geschaffen werden. Bei
Abwägung dieser Interessen des Kindes gegenüber den Elternrechten müssen
letztere zurücktreten weil das Kindeswohl sonst massiv beeinträchtigt
würde und die Eltern ihrerseits durch gröbliches Versagen erst den
jetzigen Zustand herbeigeführt haben“.
Anmerkung: Anerkanntermaßen ist die Adoption eines Pflegekindes die bestmögliche juristische Absicherung für das Kind, natürlich auch für die Pflegeeltern. Eine Adoption setzt grundsätzlich jedoch eine Einwilligung des Kindes, vertreten durch den Sorgeberechtigten, eine Einwilligung der Pflegeeltern und nicht zuletzt eine Einwilligung der leiblichen Eltern voraus. Zusätzlich muss die Adoption dem Kindeswohl dienen. Der Gesetzgeber hat mehrfach hervorgerufen, dass bei dauerhaften Pflegeverhältnissen nach Möglichkeit versucht werden soll, das Pflegekind durch eine Adoption noch besser abzusichern. Dies ergibt sich etwa aus § 36 I.2 SGB VIII, wonach vor und während einer Dauerpflege zu prüfen ist, ob die Annahme als Kind in Betracht kommt. In der Praxis scheitern Adoptionsbemühungen jedoch häufig an den fehlenden Einwilligungen der leiblichen Eltern, auch wenn diese sich ansonsten ihrem Kind gegenüber gleichgültig zeigen. Grundsätzlich – und sicherlich zu Recht – ist eine Adoption gegen den Willen leiblicher Eltern nur schwer möglich. Nach § 1748 BGB können jedoch solche verweigerten Einwilligungen vom Vormundschaftsgericht auf Antrag ersetzt werden, wenn die entsprechenden Gründe vorliegen. Solche Gründe können etwa anhaltende gröbliche Pflichtverletzungen der leiblichen Eltern gegenüber dem Kind sein oder Gleichgültigkeit gegenüber dem Kind trotz Belehrung über die Folgen. Das Amtsgericht Köln hat in der oben zitierten Entscheidung diese Voraussetzungen bejaht und dabei in vorbildlicher Weise eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung getroffen, welche insbesondere auch das besondere Bedürfnis des Pflegekindes nach einer rechtlichen Absicherung, gerade auch nach den erlittenen Vernachlässigungen, hervorhebt.